31.12.2007

Vier Argumente für Seelsorge



Eins


Kah sagt mir: er habe nicht allein wohnen wollen

von wegen der abgründigen einsamkeit oftmals vorzufinden

ja bei intellektuellen. er sagt: er wolle aber nun wieder einmal

allein leben weil wer allein lebt doch ungestörter arbeiten

könne sofern sage ich ihn die einsamkeit nicht stört er nickt.

kah sagt auch: gefährlich er sagt: gefährlich könne es

sein zuviel zu wissen weil nämlich man dann gewissermaßen

kreativ würde enden können als poetus doctus. das stimmt.

ich sage ich sähe da aber keine gefahr sage ich bei ihm seine

kreativität sei sicher ich sage sicher mächtiger als

seine doctus.




Zwei


Ämm fragt mich: wie ist das? wie ist das denn so mit

lukatsch? fragt er mich. ich antworte: tja ämm mit lukatsch

ist das so eine sache denn lukatsch den habe ich noch

nie gelesen. aha meint ämm. aber brecht zum beispiel brecht

den hast du doch gelesen und lukatsch der mochte den brecht

doch nicht. brecht den sage ich auch nicht. aha macht ämm

und weiß man fragt er weiß man auch warum? man weiß

das aus büchern ämm aus brechts journalen weiß man

zum beispiel das. ok sagt ämm gut. was steht da so drin

insgesamt? knapp kläre ich knapp gesagt seine arbeits-

begleitenden überlegungen. ämm: mehr nicht? bei brecht

sag ich schließt das den rest ein. aha nickt ämm und

welcher rest fragt er wär das? geschichte ämm und

klassenkampf. aha zuckt ämm interessant. und ma

rx zum beispiel also was ist eigentlich mit dem mar

x so los? marx tja also marx der war auch so einer der sag ich

dicke bücher gemacht hat damit man nicht versuchen muß

ihn ohne seine bücher zu verstehen. verstehe murrt ämm

und was weiter? ämm sage ich du kannst es in jedem buch

laden als sakkotaschenfutter erhandeln die gebrauchswertigste

marxware die du je erhandelt hast. jaja sagt ämm schon klar

ich hab mir halt jetzt so ne einführung gekauft sekundär

literatur geht ja wohl auch oder ja sage ich ämm bei marx

bei marx schon und wie liest sie sich so die einführung? heißt

einführung in den marxismus sagt ämm beziehungsweise

ins marxistische denken also von marx so eine art basis der

theorie von marx und engels zusammengefaßt bis glaube ich

heute. das erste kapitel zum beispiel heißt vorwort gibts auch

und dann gehts da um waren wert und die beziehung zu mehr

wert und beides in den klassen der kapitalmutation und so also

schon wichtig. klar sag ich: für später.




Drei


Hegel sagt eh müßte man auch mal gelesen haben ich bin

erschüttert sage ich eh in dir einen menschen zu kennen der

keinen hegel gelesen hat. hast du denn hegel gelesen fragt

mich der hirnwurm. ich donnere ich ich habe hegel nicht nur

gelesen ich habe hegel gelernt geträumt und gebetet eh ich

hab hegel injiziert hab hegel im blut nein: blut im hegel.

Eh fragt: wie ist hegel so. hegel intoniere ich hegel

das ist sprache die glitzert vor klarheit wie eisseide

im sonnenlicht ein stil so fein und fest und dicht un-

zerreißbar vor wahrheit wie nichtsvergleichbares der

zeile auf zeile aufwärts knüpft und fern und ferner den zweifeln

führt an dem was uns aufwärtsführt an seinem denken hegels

nämlich gedanken ein strom strudel schraubender sog des denkens das

ist hegel er läßt dich nicht los eh nie mehr. deshalb also

sagt eh muß man hegel lesen. deshalb sage ich eh

muß.




Vier


Rauchend im flur vollbärtig feueräugig erspäht mich einer

von kahs bekannten ohne umschweife einleitend zukünftige

fragen ich grüßt kahs bekannter ich nenne ihn auchkah schreibe was

für ein schönes hobby grüße ich lyrik nämlich meint auchkah

schreibe er überwiegenderweise was aber nicht ausschließen müsse

daß er nicht irgendwann einst einen roman anfangen beziehungsweise

auch werde vollfertigen wollen können also so im stil von na sagen wir mal: joyce

vielleicht. joyce nicke ich ja joyce nickt er der joyce nämlich ist auch so

eine ja sagen wir mal eherecksperimentelle richtung oder nicht

fragt er mich oder ja eben. aber erst lächelt auchkah erst mal was in

lyrik machen das heißt veröffentlichen also gedichte irgendwo raus

bringen wie denn da so die chancen wären ich weiß es nicht sage ich

ehrlich aber eher nichtsogut ja nickt er ja das habe er schonmal irgendwo

gelesen und geld fragt er wie ist das ob man wohl vom lyrischen

zivilisationsbeitrag zivilisiert leben kann? es gibt behaupte ich fakire

ausgenommen nur sehr wenige die von noch weniger als selbst vom

zivilisiertesten lyrischen zivilisationsbeitrag leben und nicht viele

mehr die gedichte zu suppen machen können und wenn dann zu

schlechten. suppen? fragt er. suppen sag ich und: es gibt leute wisse

er die schrieben nacht für nacht in einer portiersloge hätten nicht selten

ganz ulkige ideen da drin und lebten auch noch nebenher. jaja stöhnt er so

nebenher aber hauptsächlich leben und schreiben was für ihn nunmal dasselbe

sei also vom schreiben leben logenausschließlich? wer nebenherausschließlich

vom schreiben leben will der darf auch nur fürs schreiben leben und sich nicht

von kunstfernen bedürfnissen wie dem nach ledersesseln festreden oder einem

warmen essen ablenken lassen. nein………………………………………...ja?

nein!



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